© Natalia Gurova
Sound Of Craft - Lernen durch Experimentieren
Autor_in: Natalia Gurova (UGC)
Natalia Gurova trifft Kristin Weissenberger - die Leiterin der Werkstatt für Abform- und Gusstechniken. Was kann man in diesen Werkstätten bauen? Welche Art von Arbeiten könnten entwickelt werden? Welche Materialien können die Studierenden erforschen?
All diese Fragen werden mit der Workshopleiterin und Künstlerin Kristin Weissenberger besprochen.
Natalia Gurovas Arbeit widmet sich sozialen Strukturen, die oft unsichtbar bleiben. Gurovas Praxis ist multidisziplinär, das heißt, sie arbeitet mit Skulptur, Druckgrafik und Zeichnung und schafft ortsspezifische Installationen und räumliche Experimente. Sie kuratiert Ausstellungen gemeinsam mit anderen Künstler_innen. In ihrer künstlerischen Praxis verwebt sie spekulative Geschichten, konzeptionelle Ideen und einen handwerklichen Ansatz.
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"Hallo, mein Name ist Kristin Weissenberger. Ich bin Künstlerin und Lehrbeauftragte an der Akademie der bildenden Künste Wien, wo ich auch die Werkstatt für Abform- und Gusstechniken leite, die seit einiger Zeit auch Keramik beheimatet. Ich habe auf der Universität für angewandte Kunst studiert und komme eigentlich aus der Szenografie, also Bühnen- und Filmgestaltung, und habe mich aber dort immer schon sehr frei mit Raum und Rauminstallation beschäftigt und daraus resultierend ist dann eigentlich auch ein starkes bildhauerisches Interesse entstanden.
Ich habe eigentlich mein ganzes Künstlerinnenleben immer auch im Design-Bereich gearbeitet und habe dadurch ziemlich viel Erfahrung gesammelt, was jetzt die digitale Objektproduktion betrifft. In meiner künstlerischen Praxis jetzt und seit einigen Jahren interessiert mich eigentlich sehr, wie wir mit der uns umgebenden Sphäre von Gegenständen, Materien, Material, Organismen interagieren und wie diese Interaktion oder das Konzept dieser Interaktion unser Rollenverständnis als Menschen in der Welt prägt. Mich interessiert es sehr, in ergebnisoffene Prozesse einzutreten, weil ich empfinde, dass ich dadurch Dinge rausbekomme, die ich mit meinem Denken alleine nicht erreichen könnte. Methodisch bedeutet das für mich, dass das Experiment und der Prozess mit verschiedenen externen Playern im Mittelpunkt meiner Praxis steht. Und ich suche, wie gesagt, offene Interaktionen mit unterschiedlichen Materialien, Organismen oder Prozesse des Wachstums, mit Umwelteinflüssen, Hitze, Feuer, aber auch mit gefundenen Gegenständen oder mit Gestaltungsprozessen, die von anderen Menschen kommen.
Und eben für diese Art der Praxis hat sich der Abguss als für mich wichtigstes handwerkliches Grundprinzip erwiesen, weil es wie so ein dreidimensionaler, fotografischer Moment oder auch eine Aufnahme von etwas ist. Und die ermöglicht es eben, Informationen zu sammeln und zu teilen. Wenn man zum Beispiel in die Glyptothek geht im Semperdepot, da sieht man diese wunderbaren Gipsgüsse von historisch bedeutsamen Statuen oder Skulpturen. Und da war auch das Ziel, durch diese Gipsgüsse von diesen Werken zu berichten und diese in einer Form zu speichern. Und so ähnlich benutze ich auch das Abformen. Also ich habe hunderte gefundene Gegenstände abgeformt in Gips und es ist somit irgendwie wie in einer Bibliothek für mich gespeichert.
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In der Werkstatt gibt es acht unterschiedliche Kurse. Wir sind insgesamt vier Lehrende. Hier unterrichten auch noch Lilith Matthews, Basil Schu und Zahra Mirza. Und es gibt vier Kurse aus dem Bereich Abform- und Gusstechniken, die aufeinander aufbauen. Diese Kurse beschäftigen sich mit Gipsformenbau, Silikonformenbau, Bau von laminierten Schalenformen aus Acrylharz. Die sind aber sehr weit gefasst. Wir gießen da auch Keramik, arbeiten mit Wachs, Lebensmitteln, unterschiedlichen Dingen. Im nächsten Jahr gibt es auch einen Kurs davon, wo wir uns damit beschäftigen, wie man Pilzmycele in Formen wachsen lassen kann.
Dann gibt es zwei Einführungskurse und einen weiterführenden Kurs für Keramik von Lilith Matthews und Zahra Mirza unterrichtet. Da lernen die Studierenden Grundtechniken, wie Aufbau oder Plattentechnik, dann auch das Gießen von Gipsformen mit Steinzeug oder Porzellan. Grundlegendes zur Arbeit mit Glasuren oder Oberflächentechnik. Und dann gibt es noch zwei weitere Kurse unterrichtet von mir und Basil Schu, wo wir uns mit der digitalen Modellproduktion beschäftigen. Da geht es um die Vermittlung von 3D-Programmen und wie man mit einem 3D-Drucker oder einem 3D-Scanner arbeitet. Das ist hier natürlich sehr stark in Verbindung mit bildhauerischen Ansätzen, aber die Studierenden lernen auch, wie man einen Raumplan zeichnet für ein Ausstellungs-Setup, zum Beispiel. Oder es gibt auch einige, die sich experimentell mit 3D-Programmen beschäftigen. Es gibt ja hier in der Werkstatt auch zwei 3D-Drucker und einen 3D-Scanner, die so quasi dieses ganze Setup hier…
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Was ich technisch, aber auch inhaltlich, sehr spannend gefunden habe, war das Diplomprojekt von Amy-Casilda Bartoli. Die hat heuer im Sommersemester Diplom gemacht und sie hat einen wirklich großen Teil ihrer Diplomarbeit hier in der Werkstatt produziert. Und da sind wir ausgegangen und wir haben ihr Gesicht mit Alginat abgegossen. Über diesen Abguss haben wir eine Silikonform entwickelt, dann wieder ein Positiv aus Silikon daraus gezogen. Wir haben dieses dann in Gips, also in einer vielteiligen Gipsform, abgegossen, um ihr Gesicht als Keramikguss zu produzieren. Und dann hat Amy mit Instagram-Face-Filtern Maskenteile entwickelt. Das waren dann digitale vorliegende Maskenteile. Die hat sie hier 3D gedruckt und dann in Sandformen in Zinn abgegossen. Das war dann eine sehr schöne Materialkombination: Diese Maskenteile, die dann interaktiv von Betrachter_innen benutzbar waren - oder sind -, hat sie dann auf diese Keramikgüsse von ihrem Gesicht platziert.
Wir versuchen ja, gesund zu arbeiten oder die Arbeitssicherheit spielt eine große Rolle. Wir haben hier eigentlich keine Möglichkeit, mit Epoxidharzen oder Polyesterharzen et cetera zu arbeiten und versuchen immer mehr, mit Materialien zu arbeiten, die arbeitssicherheitstechnisch und auch umweltverträglichkeitstechnisch eher unbedenklich sind. Es gibt viele Regeln in der Werkstatt, die sind zusammengefasst schriftlich in einer Werkstattordnung. Da geht es sehr stark darum, dass wir so viele unterschiedliche Materialgruppen hier präsent haben. Das heißt, es gibt hier klare Trennungen zu beachten. Es gibt Vieles zu wissen, was die Werkstattpflege betrifft, auch was das Brennen von Keramik betrifft. Das wird natürlich in den Kursen vermittelt, aber alle Studierenden, die außerhalb der Kurse in der Werkstatt arbeiten möchten, müssen zumindest kommen und eine Einführung in diese Werkstattordnung hier absolvieren. Das ist ein informelles Treffen, das ungefähr eine Stunde dauert und sobald eine kleine Gruppe zusammengekommen ist, die das interessiert, halte ich das ab. "
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Autor_in: Natalia Gurova (UGC)
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